Gewerkschaften und Arbeiterkammer fordern Freistellung für Schwangere

In einem offenen Brief wird die Regierung aufgefordert, einen vorzeitigen Mutterschutz für alle schwangeren Arbeitnehmerinnen zu ermöglichen.

Für Berufe mit direktem Körperkontakt gibt es seit Kurzem eine spezielle Freistellungsregelung. Der Großteil der berufstätigen Schwangeren ist aber von dieser Regelung nicht erfasst. Das ist nicht fair, denn die Sorge um die Gesundheit ihres ungeborenen Kindes eint alle erwerbstätigen Schwangeren.

Die sieben Teilgewerkschaften des ÖGB und die Arbeiterkammer fordern daher in einem offenen Brief an Bundesministerin Raab, Bundesminister Kocher, Vizekanzler Kogler und Bundesminister Anschober die Möglichkeit einer Freistellung für alle schwangeren Arbeitnehmerinnen:

Sehr geehrter Herr Vizekanzler Kogler,
sehr geehrte Frau Bundesministerin Raab,
sehr geehrter Herr Bundesminister Kocher,
sehr geehrter Herr Bundesminister Anschober!

Seit einigen Monaten erreichen uns zahlreiche Anrufe von verzweifelten schwangeren Frauen. Die Corona-Krise ist für Schwangere besonders belastend. Diese erwerbstätigen Frauen sorgen sich sehr um ihre eigene Gesundheit und vor allem um die Gesundheit ihre ungeborenen Kinder!

Der aufgrund der Corona Pandemie beschlossene Freistellungsanspruch von schwangeren Arbeitnehmerinnen greift zu kurz. Denn er gilt nur wenn ein physischer Körperkontakt mit anderen Personen erforderlich ist bzw. durch eine Änderung der Arbeitsbedingungen oder Homeoffice/Telearbeit eine Gefährdung nicht vermieden werden kann. Dieser Anspruch war und ist wichtig und richtig. Leider ist nach wie vor ein Großteil der Schwangeren von dieser Möglichkeit der Freistellungsregelung ausgeschlossen.

Das Risiko einer Corona-Virus-Infektion für Schwangere ist in vielen Bereichen gegeben, auch wenn in der direkten Berufsausübung kein physischer Körperkontakt mit anderen Personen gegeben ist – sei es während der Berufsausübung selbst oder auch auf dem Arbeitsweg in öffentlichen Verkehrsmitteln. In Branchen wie beispielsweise dem Handel, in dem sehr viele Frauen beschäftigt sind, ist ein häufiger Kundenkontakt unumgänglich. In großen Produktionsbetrieben, wo viele Menschen in einer Werkshalle arbeiten, ist es oft sehr schwierig oder gar nicht möglich, den Abstand zu KollegInnen einzuhalten. Diese Problematik tritt auch in anderen Bereichen und Branchen wie auch dem Öffentlichen Dienst auf. Für viele erwerbstätige Frauen ist es – aufgrund ihres Berufsbildes – unmöglich, von zu Hause aus zu arbeiten. Es wird abseits der geltenden Verordnungen auch seitens der Arbeitsinspektion darauf hingewiesen, dass von Schwangeren keine FFP-Masken getragen werden dürfen. Wenn sich eine Schwangere infiziert, besteht darüber hinaus eine große Gefahr, einen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden.

Es muss im Interesse aller, aber natürlich auch im Interesse der Bundesregierung sein, dass Frauen und ihre ungeborenen Kinder während der Corona-Pandemie bestmöglich geschützt werden. Deshalb fordern wir die Möglichkeit auf einen vorgezogenen Mutterschutz unter Wahrung aller finanziellen Ansprüche für berufstätige Schwangere während der Corona Pandemie!

Das Kindeswohl und die Gesundheit der werdenden Mutter müssen dem Staat etwas wert sein – „koste es was es wolle“ war doch eine politische Aussage zu Beginn der Pandemie im März 2020! Es ist höchst an der Zeit, dass die berechtigten Sorgen und Nöte von Schwangeren endlich Gehör finden und eine dementsprechende politische Reaktion – im Sinne eines vorgezogenen Mutterschutzes/Beschäftigungsverbotes – umgesetzt wird.

Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende, im Namen aller Gewerkschaften

Renate Anderl, Präsidentin der AK Wien und der Bundesarbeitskammer