FSG-Berufsschullehrer:innen: Initiative zur Attraktivierung ist „abschreckend“

Die Maßnahmen von Bildungsminister Polaschek zur Attraktivierung des Lehrer:innen-Berufs sorgen weiterhin für Unmut. Nun melden sich die Berufsschullehrer:innen zu Wort. 

Von einem Exportschlager ist die Rede, wenn es um die österreichische Lehre geht. Mittlerweile ist das duale Ausbildungssystem für die Ausbildung von Fachkräften ein Vorzeigemodell, das es bis in die Vereinigten Staaten geschafft hat.

Hierzulande werden jene, die einen wesentlichen Teil zur Fachkräfteausbildung beitragen ignoriert – die Berufsschullehrer:innen.

In einem offenen Brief an den Bildungsminister wird vonseiten der Berufsschullehrer:innen Kritik laut. Monika Kubec, FSG-Vorsitzende in der Gewerkschaft der Berufsschullehrer:innen und BS-SLÖ-Wien Vorsitzender Gerald Ammer, sehen in der Initiative des Ministers Verschlechterungen für Quereinsteiger:innen und finden das Programm sogar „abschreckend“.

„Wie so oft, wurden auch bei der Umsetzung der Initiative zur Attraktivierung des Lehrer:innen-Jobs die organisatorischen Besonderheiten der Berufsschulen einfach vergessen“, kritisiert Monika Kubec, die FSG-Vorsitzende in der Gewerkschaft der Berufsschullehrer:innen.

Dabei werden einerseits Quereinsteiger:innen Möglichkeiten der Freistellung für die pädagogische Ausbildung gekürzt, andererseits fehlen Bildungsangebote, die an die speziellen Herausforderungen der Berufsschulen angepasst sind. „Außerdem vergisst man beim Fokus auf die Neuanwerbungen den Blick auch auf die bestehenden Arbeitsbedingungen zu richten. Schließlich muss dafür Sorge getragen werden, bereits im Dienst stehende Kolleg:innen möglichst lange zu behalten“, so Kubec.

Hier kannst du die gesamte Presseaussendung nachlesen:

Initiativen zur Attraktivierung des Lehrer*innen-Jobs erweisen sich für Berufsschul-Neueinsteiger*innen als abschreckend.

Utl.: Offener Brief an Bundesminister Polaschek betreffs Quereinstieg an Berufsschulen.

Sehr geehrter Herr Minister Polaschek!

Die Initiativen des Bildungsministeriums zur Attraktivierung des Lehrer*innen-Jobs erweisen sich nicht für alle Kolleg*innen als gleichermaßen vorteilhaft. Wie in der Vergangenheit schon oft passiert, so wurden bei der rechtlichen Umsetzung wieder einmal Berufsschulen und ihre organisatorischen Besonderheiten als berufsbildende Pflichtschulen vergessen.

Berufsschullehrkräfte waren immer schon Quereinsteiger*innen. Als Einstiegsvoraussetzung müssen sie neben einer Berufsausbildung zusätzlich Jahre der Berufspraxis im jeweils beschulten Lehrberuf mitbringen. Können sie neben der oben beschriebenen fachlichen Qualifikation auch noch ein facheinschlägiges Studium vorweisen – sind sie also Quereinsteiger*innen im gesetzlichen Sinne – wird es ihnen verwehrt, die Ausbildung zur Berufsschullehrperson mit Bachelorabschluss (derzeit noch mit 240 ECTS) gemäß § 7 Abs. 5 LVG zu absolvieren. 

Einerseits macht diese Tatsache für viele Bewerber*innen den Einstieg in den Berufsschuldienst nicht attraktiver und andrerseits fällt dadurch enormer Mehraufwand für Schulleiter*innen an. Denn im Gegensatz zu den FESE-Studien für HTL-Lehrpersonen werden die gemäß den Dienstverträgen zu erbringenden pädagogisch/didaktischen ECTS für Berufsschullehrer*innen an den pädagogischen Hochschulen nicht in Kursen angeboten. Das ist an den Schulen neben den organisatorischen Herausforderungen der Parallel-Planung von Jahres-, Lehrgangs- und saisonalem Unterricht nicht zu administrieren und auch gegenüber Schüler*innen pädagogisch nicht vertretbar.

Ein weiterer Punkt im ministeriellen Programm zur Attraktivierung des Pädagog*innen-Berufes ist die Bezahlung von 6,25% der ersten Gehaltsstufe im PD-Schema für die vorgeschriebenen zwei Wochen Einführungslehrveranstaltungen im Sommer. Berufsschullehrpersonen haben immer schon, aufgrund der für sie speziellen Einstiegsvoraussetzungen in den Schuldienst, Einführungslehrveranstaltungen besucht und waren ab dem ersten Tag dieser Veranstaltung bei voller Entlohnung eingestellt. An den Berufsschulen unterrichten ausschließlich Menschen aus der beruflichen Praxis, die einen gut bezahlten Job kündigen, um nun in den ersten beiden Wochen € 194,75 zu verdienen. Wie der Berufsschullehrer*innen-Job dadurch attraktiver wird, eröffnet sich uns nicht.

Sehr geehrter Herr Minister, es liegt an Ihnen, weiterhin einen geordneten Ablauf des Schulalltags für Berufsschüler*innen, die zukünftigen Facharbeiter*innen, die die Wirtschaft so dringend benötigt, zu gewährleisten, zum Beispiel durch die Schaffung der rechtlichen Möglichkeit für die Freistellung von der Unterrichtsverpflichtung für die Ausbildung neuer Kolleg*innen, die nicht über den immer schon praktizierten „Berufsschul-Quereinstieg“ in den Schuldienst kamen und die somit freiwillig und durchaus im Sinne von Unterrichts- und Schulqualität das Bachelor-Studium mit derzeit 240 ECTS absolvieren können. 

Außerdem ist es aus unserer Sicht dringend notwendig, vor Inkrafttreten von zukünftigen dienst- und schulrechtlichen Gesetzesänderungen diese auch aus der Sicht der österreichischen Berufsschulen und deren Lehrkräfte zu betrachten, um Schlechterstellungen für unsere Kolleg*innen zu vermeiden.

Nicht nur auf der Attraktivierung des Lehrer*innen-Jobs für Neueinsteiger*innen sollte der Focus der Verantwortlichen liegen, sondern auch auf der Beantwortung der Frage, wie der Job für Kolleg*innen, die bereits im Dienst stehen, so attraktiv gestaltet werden kann, um sie so lange wie möglich im Dienst zu halten!

Mit freundlichen Grüßen

Mag. Monika Kubec, BEd. (FSG)

Gerald Ammer, BEd. MA (SLÖ)